Mittwoch, 17. März 2010

„Es juckt“

Was haben David Bowie, Paul Simon, Brian Eno, Guy Garvey, Justin Vernon, David Byrne, Lou Reed, Win Butler, Stephin Merritt, Randy Newman, Regina Spektor, Neil Young und Thom York gemeinsam?

Das sind die Songwirter, die Peter Gabriel auf seinem soeben erschienenen Cover-Album „Scratch my back“ intoniert hat.


Die Information muß man erst mal sacken lassen!

Peter Gabriel, die Imelda Marcos der guten Ideen, läßt sich nun zu Coverversionen herab?

1) Das passt so gar nicht zu ihm
und
2) Coverversionen - kotz!

Ich bin der Meinung, daß Coverversionen noch öfter als Romanverfilmungen schief gehen - und da sind es auch schon 95 %!

Wann gibt es schon mal eine gute Coverversion?

Spontan fallen mir dazu ein:

Die beiden Kate-Bush-Versionen von „Candle in the wind“ (Elton John) und „Sexual Healing“ (Marvin Gaye) - die pipes, die sie hier einsetzt, sind schon ein echtes Highlight.

Judy Collins Version von „I think it is going to rain today“ (Randy Newman)

Marc Almonds "Where Did Our Love Go?" (Brian Holland, Lamont Dozier)

Oh, und Michel van Dyke sang Anfang der 90er auf seinen Konzerten immer eine ganz geile “Space Oddity”-Version (Bowie)

Und mit Amii Stewart und José Feliciano gibt es gleich zwei coole Interpreten des Doors-Klassikers „Light my fire“.

Erstaunlich oft habe ich auch schon live „Running up that hill“ (Kate Bush) gehört.
Brian Molko von Placebo macht das großartig und vor ein paar Jahren wurde ich voller Überraschung Zeuge, wie Steven John Kilbey von „the Church“ „Running up that hill“ anstimmte.
Gelang ebenfalls. Allerdings denke ich, daß man an dem Song nicht viel kaputtmachen kann - dieser düstere Bolero mit gotteslästerlichen Text klappt eigentlich immer.

Wenn man allerdings daran denkt, daß auch schlimme deutsche Sängerinnen-Darstellerinnen wie Sarah Connor oder Jasmin Wagner sich an allerlei Klassikern versuchen, daß jeden Tag in Casting-shows talentfreie Bohlen-Epigonen allerlei Hits kaputtträllern und daß auch noch von jedem guten 80er Jahre-Hit mindestens drei schlimme, primitiv produzierte Technoversionen existieren, möchte man nach völkerrechtlicher Ächtung rufen!

Talentfreie deutsche Trällerer sollen gefälligst ihre eigenen Lieder ruinieren und sich nicht blasphemisch betätigen.

Warum begibt sich nun Peter Gabriel mit 60 Jahren erstmals auf dieses Glatteis?

Die Antwort ist einfach:
Er kann es!

OK, ich gebe es zu - ich bin nicht objektiv - ich stehe auf Gabriel Giganto-Konzertperformances und bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich nur an die 93er "Secret World Tour" -Tour-Auftritte denke.
Besser geht nicht.

Bei all der Show und all dem Zirkus vergisst man glatt, was für ein großer Sänger und Arrangeur Herr Gabriel ist.

An den 16 nun auf „Scratch my back“ veröffentlichen Songs vollzog er eine Produzenten-Meisterleistung.
Wir befinden uns im tiefsten gefühligen Moll.
Es gibt Streicher en masse und dafür kommt die ganze CD ohne drums und Gitarren aus.

Der Meister hat sich die Songs einverleibt - sie klingen 100% Peter Gabriel-mäßig.
Obwohl die meisten Songs gut bekannt sind, entdeckt man sie ganz neu; es scheint, als ob sie erst jetzt Tiefgang bekommen haben und vorher nur als Schablonen existierten.

Dabei ist Bowies Original-Version von „Heroes“ beileibe kein schlechter Song.
Aber das ist kalter Kaffee gegen das was 2010 damit anstellt.



Zu empfehlen ist übrigens die „Special edition“-CD, die eine zweite CD mit vier weiteren Mixen enthält - darunter auch den „Wildebeest-mix“ von Heroes.

Der beste Track ist meiner Ansicht nach „Mirrorball“ (Elbow), der mit einem leichten San-Jancinto-Säuseln anfängt und sich dann in klassischer Schönheit ausbreitet.



Muß man haben.

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